Gefördert im Fonds TURN der:
Madgermanes / Mystery Of Foreign Affairs begibt sich auf die Spurensuche nach einer kollektiven kulturellen und politischen Geschichte, bei der Fragen nach Heimat und Hoffnung, Identität und Zugehörigkeit ebenso im Fokus stehen wie die Dekonstruktion hegemonialer Begrifflichkeiten und die Suche nach künstlerischen Verfahren im Umgang mit der gemeinsamen postkolonialen Geschichte.
Als „Madgermanes“ bezeichnen sich die ehemaligen Vertragsarbeiter aus Mosambik, die zwischen 1979 und 1991 in der ehemaligen DDR lebten und arbeiteten. Der Begriff „Madgermane“ ist ein Lehnwort, das sich aus dem Englischen Germany und dem Bantu-Präfix „ma“ zusammensetzt und soviel wie „die Deutschen“ bedeutet. Es wird oft fälschlicherweise mit „Mad-Germans“, also „Verrückte Deutsche“, übersetzt.
Nach der Wende in ihre Heimatländer zurückgeschickt, kämpfen die „Madgermanes“ bis zum heutigen Tag, um die Auszahlung eines Großteils ihrer Gehälter und die Auszahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge.
„Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat die DDR insgesamt 74,4 Millionen US-Dollar an Lohnabzügen und rund 18,6 Millionen US-Dollar an Sozialversicherungsleistungen nach Mosambik transferiert. Macht zusammen 93 Millionen Dollar. Im Schnitt geht es – ohne Zins und Zinseszins – um 4300 Dollar pro Kopf, im Einzelfall manchmal um das Doppelte oder Dreifache.“ ¹
Aber nicht nur Mosambikaner*innen und Angolaner*innen arbeiteten in Deutschland. Mehr als 1000 DDR-Bürger lebten und arbeiteten seit Ende der 1970er Jahre in Mosambik, die letzten gingen nach wenig feierlicher Übergabe des Botschaftsgebäudes an die Bundesrepublik Deutschland. Allein diese quantitave Aufzählung zuzüglich einer Gruppe von Menschen wie ArbeitskollegInnen, Ehefrauen, Ehemänner, Kinder, Verwandte, Geliebte und Freunde gibt einen Anhaltspunkt für die Bedeutung dieser Phase in den Nord/Südbeziehungen und hier der Außenpolitik Osteuropas.
Der Untertitel der Ausstellung Mystery Of Foreign Affairs deutet die Ambivalenz ostdeutscher Außenpolitik seit Ende der 1970ger Jahre an, die geprägt war durch den dringend notwendigen Aufbau von Außenhandelsbeziehungen zur Rohstoffversorgung und der benötigten Verbesserung der Außenhandelsbilanzen, wollte man den drohenden Staatsbankrott Ende der 1970er Jahre vermeiden.
Die DDR war durch die von der Willy Brandt Regierung 1969 aufgegebenen Hallstein Doktrin, die besagte, dass die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik durch Drittstaaten als „unfreundlicher Akt“ gegenüber der Bundesrepublik betrachtet werden müsse, nachhaltig isoliert worden. Der Aufbau internationaler Beziehungen gab die Perspektive zur deren Überwindung.
Als einer der ersten Staaten unterstützte die DDR emanzipative revolutionäre Bewegungen wie ANC und SWAPO und baute diplomatische Beziehungen auf zu einer Zeit, als der Geheimdienst der BRD noch die RENAMO (Resistencia National Mocambiquana) unterstützte. Dadurch sollte der sozialistische Staat Mosambik destabilisiert werden, um nicht als Modell für die Region Südafrika wirken zu können. In Folge der Kämpfe zwischen RENAMO und der FRELIMO (deutsch: Mosambikanische Befreiungsfront), die bis heute die Regierung Mosambiks stellt, starben 500.000 Menschen.²
Madgermanes / Mystery Of Foreign Affairs lässt sich auch als ein Beitrag verstehen, diese Geschichte in Form von Ausstellungen und künstlerischen Arbeiten zunächst in Schwerin und anschließend 2018 in Maputo zu aktualisieren.
1. Asmus Heß, Das große Warten, Brand eins, Ausgabe 06/2009
2. BND in Südafrika Im Interview mit Erich Schmidt-Eenboom, Geheimdienstexperte und Publizist aus Weilheim (Autor: Ghassan Abid), 11. November 2012
Ausstellungen und Orte
Skulpturen und Fotografien, Malerei und Grafik, Videos und Installationen zeitgenössischer Künstler/innen werden im öffentlichen Raum Schwerins und in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins für Mecklenburg und Vorpommern, Schwerin, gezeigt. Mit aufbereitetem Filmmaterial gibt die Ausstellung einen Einblick in die ambivalente Außenpolitik der ehemaligen DDR im postkolonialen Afrika, die in großen Teilen nahezu unbekannt ist – wenngleich sie bis heute auf vielfältige Weise soziokulturell und gesellschaftspolitisch nachwirkt.
Speziell für den Stadtraum Schwerins wurden in Kooperation mit den KünstlerInnen „Plakat-Serien“ entwickelt. So zeigen sowohl der Angolaner Edson Chagas und Matias Ntundo aus Mosambik eigens für die Ausstellung produzierte Arbeiten auf Postern und Plakaten, teilweise großformatig auf Billboards kaschiert. Nicht ganz zufällig verfolgt dieses Verfahren eine ähnliche Strategie wie sie Parteien nutzen, um Aufmerksamkeit für ihre Kandidaten zu erzeugen. Zeitgleich zur Eröffnung der Ausstellung wird in Schwerin, wie auch in anderen deutschen Städten, die Werbung für die Bundestagswahl in vollem Gange sein.
Nur sind die die Gesichter, die uns von Chagas Plakaten entgegen blicken anders, als die gängigen, formatfüllenden Porträtbilder der Politiker. Sie thematisieren Repräsentation, Sichtbarkeit und Macht, indem sie Fragen aufwerfen, wie: „Wer spricht in meinem Namen?“ oder „Wer entscheidet (über mich)?“.
Weitere Arbeiten zeigen kollektive, kulturelle und politische Verbindungslinien auf, bei der Fragen nach Heimat und Hoffnung, Identität und Zugehörigkeit ebenso im Fokus stehen wie die Dekonstruktion hegemonialer Begrifflichkeiten und die Suche nach künstlerischen Verfahren im Umgang mit der gemeinsamen postkolonialen Geschichte.
Die im öffentlichen Raum der Schweriner Innenstadt präsentierten Kunstwerke und -aktionen können von AusstellungsbesucherInnen sowie als touristisches Angebot von Gästen der Landeshauptstadt anhand eines handlichen Ausstellungsführers wie in einem Parcours gezielt und fußläufig angesteuert werden. (Mit Ausnahme der Plakatserie von
Edson Chagas, die sich in der Nähe Großer Dreesch befindet.)
Die Ausstellung wird gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes sowie durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst, Mecklenburg-Vorpommern.
Gefördert im Fonds TURN der:
Madgermanes / Mystery Of Foreign Affairs begibt sich auf die Spurensuche nach einer kollektiven kulturellen und politischen Geschichte, bei der Fragen nach Heimat und Hoffnung, Identität und Zugehörigkeit ebenso im Fokus stehen wie die Dekonstruktion hegemonialer Begrifflichkeiten und die Suche nach künstlerischen Verfahren im Umgang mit der gemeinsamen postkolonialen Geschichte.
Als „Madgermanes“ bezeichnen sich die ehemaligen Vertragsarbeiter aus Mosambik, die zwischen 1979 und 1991 in der ehemaligen DDR lebten und arbeiteten. Der Begriff „Madgermane“ ist ein Lehnwort, das sich aus dem Englischen Germany und dem Bantu-Präfix „ma“ zusammensetzt und soviel wie „die Deutschen“ bedeutet. Es wird oft fälschlicherweise mit „Mad-Germans“, also „Verrückte Deutsche“, übersetzt.
Nach der Wende in ihre Heimatländer zurückgeschickt, kämpfen die „Madgermanes“ bis zum heutigen Tag, um die Auszahlung eines Großteils ihrer Gehälter und die Auszahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge.
„Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat die DDR insgesamt 74,4 Millionen US-Dollar an Lohnabzügen und rund 18,6 Millionen US-Dollar an Sozialversicherungsleistungen nach Mosambik transferiert. Macht zusammen 93 Millionen Dollar. Im Schnitt geht es – ohne Zins und Zinseszins – um 4300 Dollar pro Kopf, im Einzelfall manchmal um das Doppelte oder Dreifache.“ ¹
Aber nicht nur Mosambikaner*innen und Angolaner*innen arbeiteten in Deutschland. Mehr als 1000 DDR-Bürger lebten und arbeiteten seit Ende der 1970er Jahre in Mosambik, die letzten gingen nach wenig feierlicher Übergabe des Botschaftsgebäudes an die Bundesrepublik Deutschland. Allein diese quantitave Aufzählung zuzüglich einer Gruppe von Menschen wie ArbeitskollegInnen, Ehefrauen, Ehemänner, Kinder, Verwandte, Geliebte und Freunde gibt einen Anhaltspunkt für die Bedeutung dieser Phase in den Nord/Südbeziehungen und hier der Außenpolitik Osteuropas.
Der Untertitel der Ausstellung Mystery Of Foreign Affairs deutet die Ambivalenz ostdeutscher Außenpolitik seit Ende der 1970ger Jahre an, die geprägt war durch den dringend notwendigen Aufbau von Außenhandelsbeziehungen zur Rohstoffversorgung und der benötigten Verbesserung der Außenhandelsbilanzen, wollte man den drohenden Staatsbankrott Ende der 1970er Jahre vermeiden.
Die DDR war durch die von der Willy Brandt Regierung 1969 aufgegebenen Hallstein Doktrin, die besagte, dass die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik durch Drittstaaten als „unfreundlicher Akt“ gegenüber der Bundesrepublik betrachtet werden müsse, nachhaltig isoliert worden. Der Aufbau internationaler Beziehungen gab die Perspektive zur deren Überwindung.
Als einer der ersten Staaten unterstützte die DDR emanzipative revolutionäre Bewegungen wie ANC und SWAPO und baute diplomatische Beziehungen auf zu einer Zeit, als der Geheimdienst der BRD noch die RENAMO (Resistencia National Mocambiquana) unterstützte. Dadurch sollte der sozialistische Staat Mosambik destabilisiert werden, um nicht als Modell für die Region Südafrika wirken zu können. In Folge der Kämpfe zwischen RENAMO und der FRELIMO (deutsch: Mosambikanische Befreiungsfront), die bis heute die Regierung Mosambiks stellt, starben 500.000 Menschen.²
Madgermanes / Mystery Of Foreign Affairs lässt sich auch als ein Beitrag verstehen, diese Geschichte in Form von Ausstellungen und künstlerischen Arbeiten zunächst in Schwerin und anschließend 2018 in Maputo zu aktualisieren.
1. Asmus Heß, Das große Warten, Brand eins, Ausgabe 06/2009
2. BND in Südafrika Im Interview mit Erich Schmidt-Eenboom, Geheimdienstexperte und Publizist aus Weilheim (Autor: Ghassan Abid), 11. November 2012
Ausstellungen und Orte
Skulpturen und Fotografien, Malerei und Grafik, Videos und Installationen zeitgenössischer Künstler/innen werden im öffentlichen Raum Schwerins und in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins für Mecklenburg und Vorpommern, Schwerin, gezeigt. Mit aufbereitetem Filmmaterial gibt die Ausstellung einen Einblick in die ambivalente Außenpolitik der ehemaligen DDR im postkolonialen Afrika, die in großen Teilen nahezu unbekannt ist – wenngleich sie bis heute auf vielfältige Weise soziokulturell und gesellschaftspolitisch nachwirkt.
Speziell für den Stadtraum Schwerins wurden in Kooperation mit den KünstlerInnen „Plakat-Serien“ entwickelt. So zeigen sowohl der Angolaner Edson Chagas und Matias Ntundo aus Mosambik eigens für die Ausstellung produzierte Arbeiten auf Postern und Plakaten, teilweise großformatig auf Billboards kaschiert. Nicht ganz zufällig verfolgt dieses Verfahren eine ähnliche Strategie wie sie Parteien nutzen, um Aufmerksamkeit für ihre Kandidaten zu erzeugen. Zeitgleich zur Eröffnung der Ausstellung wird in Schwerin, wie auch in anderen deutschen Städten, die Werbung für die Bundestagswahl in vollem Gange sein.
Nur sind die die Gesichter, die uns von Chagas Plakaten entgegen blicken anders, als die gängigen, formatfüllenden Porträtbilder der Politiker. Sie thematisieren Repräsentation, Sichtbarkeit und Macht, indem sie Fragen aufwerfen, wie: „Wer spricht in meinem Namen?“ oder „Wer entscheidet (über mich)?“.
Weitere Arbeiten zeigen kollektive, kulturelle und politische Verbindungslinien auf, bei der Fragen nach Heimat und Hoffnung, Identität und Zugehörigkeit ebenso im Fokus stehen wie die Dekonstruktion hegemonialer Begrifflichkeiten und die Suche nach künstlerischen Verfahren im Umgang mit der gemeinsamen postkolonialen Geschichte.
Die im öffentlichen Raum der Schweriner Innenstadt präsentierten Kunstwerke und -aktionen können von AusstellungsbesucherInnen sowie als touristisches Angebot von Gästen der Landeshauptstadt anhand eines handlichen Ausstellungsführers wie in einem Parcours gezielt und fußläufig angesteuert werden. (Mit Ausnahme der Plakatserie von
Edson Chagas, die sich in der Nähe Großer Dreesch befindet.)
Die Ausstellung wird gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes sowie durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst, Mecklenburg-Vorpommern.